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Alter Schlachthof Aachen
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[[Datei:Alter Schlachthof Aachen - 1920.jpg|mini|Alter Schlachthof um 1900]]
Der '''Alte Schlachthof Aachen''' war ein großflächiger städtischer Gebäudekomplex zur [[Schlachtung]] von Vieh für die Fleischgewinnung. Er wurde zwischen 1890 und 1894 auf einem großräumigen Areal im [[Nordviertel (Aachen)|Nordviertel Aachens]] im Bereich der heutigen Metzger- und Liebigstraße im Stil der [[Neorenaissance]] in unmittelbarer Nachbarschaft zur [[Waggonfabrik Talbot]] erbaut und in den Jahren 1904 bis 1906 sowie 1927 bis 1930 erweitert und ergänzt. Im Jahr 2002 wurde der Schlachtbetrieb eingestellt und anschließend die erhaltenswürdigen Gebäude schrittweise umfangreich restauriert und saniert sowie zu Gewerbe-, Büro- und Veranstaltungsräumen umfunktioniert und unter [[Denkmalschutz]] gestellt.
== Geschichte ==
Im ausgehenden [[Spätmittelalter]] lag die Schlachtung in [[Aachen]] in der Verantwortung der einzelnen Metzger, die sich gemäß dem [[Aachener Gaffelbrief#Erster Gaffelbrief 1450|Ersten Aachener Gaffelbrief]] ab 1450 in einer eigenen Zunft zusammengeschlossen hatten. Im 16. Jahrhundert wurde, die Schlachtung zentralisiert und 1585 in der Kockerellstraße auf Höhe Haus Nr. 17 das erste offizielle Schlachthaus eingerichtet sowie an der Ecke zur Jakobstraße, dort wo 1829 das Haus „Eijene Keiser Karl" erbaut werden sollte, die zentrale Fleischhalle. Trotz der Nähe zum zentralen Marktplatz fand der Viehhandel jedoch am damaligen Schweinemarkt statt, der sich am Rande der [[Stadtmauer Aachen#Innere Stadtmauer|inneren Stadtmauer]] auf dem Gelände des 1780 von [[Johann Gerhard Schervier]] erbauten Kupferhofs an der Ecke Templergraben/Eilfschornsteinstraße befand. Mit Beginn der preußischen Verwaltung in Aachen ab 1815 beschloss der Stadtrat, eine neue Fleischerhalle zwischen Hühnermarkt und Büchel zu errichten, die 1820 eröffnet wurde. Aufgrund des erhöhten Schlachtbedarfs wurde ferner zwischen 1839 und 1841 eine neue Schlachthalle, die sich bereits an die klassische Ordnung der Schlachthofarchitektur orientierte, nach Plänen von [[Friedrich Joseph Ark]], am Lindenplatz erbaut.
Massive Hygieneprobleme und zahlreiche [[Cholera]]fälle in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts führten jedoch dazu, dass mit der Planung einer Auslagerung des Schlachthofes außerhalb der alten Stadtmauern begonnen wurde. Dazu boten sich noch freie Flächen in dem aufstrebenden Industriegebiet zwischen Jülicher Straße und Grüner Weg im Aachener Nordviertel an, da es zusätzlich durch die [[Aachener Industriebahn]] und mit dem [[Bahnhof Aachen Nord]] über eine zeitgemäße Infrastruktur verfügte. Zunächst wurde 1877 der amtierende Aachener Stadtbaumeister [[Josef Stübben]] mit einer ersten Planung beauftragt, der sich nach Rücksprache mit dem damaligen Spezialisten für Schlachthofbau, Georg Osthoff, für ein Modell entschied, dass dem neuen Schlachthof in Hannover nachempfunden war. Unter Stübben, der 1881 Aachen verließ, wurden die Pläne ebenso wenig umgesetzt wie unter seinem Nachfolger [[Johannes Richter (Architekt)|Johannes Richter]]. Erst [[Joseph Laurent]], der 1886 Richter folgte, und Karl Heuser konkretisierten die Entwürfe Richters und der Bau der neuen Schlachthofanlage konnte zwischen 1890 und 1894 in dem dafür vorgesehenen Gewerbegebiet umgesetzt werden. Der Ursprungskomplex bestand aus dem Direktions- und Verwaltungsgebäude, dem Portierhaus, dem Großviehmarktstall, zwei Groß- und Kleinviehschlachthallen, eine Schweine- und eine Pferdeschlachthalle, sowie aus der [[Flecksieder|Kuttlerei]] mit Düngerhaus, einem Kühlhaus und einer Technikhalle mit Wasserturm für die eigene Energieversorgung. Von der Technikhalle aus wurde der Schlachthof mit elektrischem Licht versorgt, das unter anderem durch zwei Dynamomaschinen erzeugt wurde, die ihrerseits von zwei Dampfmaschinen angetrieben wurden. Zwei kombinierte Cornwall-Röhrendampfkessel der [[Piedbœuf (Unternehmerfamilie)#Piedbœuf in Aachen|Firma Piedboeuf]] lieferten den notwendigen Dampf sowie das heiße Wasser für die Schlachthäuser.
Darüber hinaus wurde zwischen 1899 und 1903 für die Mitarbeiter des Schlachthofes eine Werkssiedlung nach Plänen von Hermann Thelen außerhalb der Anlage erbaut. Anschließend erfolgte zwischen 1904 und 1906 eine Renovierung und Ausstattung der Schlachthallen, in denen fortan nach Tierarten separiert geschlachtet werden sollte, mit einer modernen Technik. Darüber hinaus erhielten die nunmehrigen Kälber-, Rinder- und Schweineschlachthallen an ihrer Ostseite einen Verbindungstrakt, die so genannte Verkehrshalle, an deren äußerer Längsseite zudem ein weiteres Kühlhaus errichtet wurde, das partiell an die Aachener Metzger vermietet wurde.
Nach dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] und weiter gestiegenen Anforderungen plante die Stadtverwaltung, die Gesamtanlage erneut zu erweitern und zu modernisieren. Die Pläne hierzu wurden 1926 auf der [[GeSoLei]] in Düsseldorf von [[Wilhelm Kreis]] vorgestellt und Teile davon zwischen 1927 und 1930 nach Plänen des Stadtbaurats Kirchbauer umgesetzt. Schwerpunkt hierbei waren der Bau einer neuen Fleischmarkthalle, einer Bogenhalle als Fleischabholhalle mit einem imposanten Uhrenturm und einer Markthalle für Großvieh, die 1938 um eine weitere Großmarkthalle ergänzt wurde, sowie der Bau eines Blocks für das Schauamt. Darüber hinaus eröffnete 1935 die [[Aachener Bank]] ihre erste Zweigstelle auf dem Gelände des Aachener Schlachthofes. Im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurde der Aachener Schlachthof durch Bombentreffer stark in Mitleidenschaft gezogen und musste anschließend wieder aufgebaut werden, wobei auf den Wiederaufbau der Fleischmarkthalle, des zweiten Kühlhauses und der Großmarkthalle verzichtet wurde.
Im Jahr 1967 wurde der Schlachthof durch städtischen Beschluss mit den Stimmen der [[CDU]] und [[Freie Demokratische Partei|FDP]] und gegen die Überzeugung der [[SPD]] privatisiert und die „Vieh- und Fleischversorgung Aachen e. V.", eine Genossenschaft mit 130 Mitgliedern, übernahm die Anlage. Nach offizieller Stilllegung der Bahnstrecke nach Jülich und Rothe Erde zu Beginn der 1980er-Jahre gab es zunehmend Transportprobleme und der Schlachtbetrieb wurde schrittweise auf andere Orte in der [[Städteregion Aachen]] verteilt und im Jahr 2002 endgültig eingestellt. Anschließend begannen die teils langjährigen Planungen und Umbauarbeiten der einzelnen Gebäude zu Gewerbe-, Büro- und Veranstaltungsräumen.
== Bauten ==
Die Aachener Schlachthofanlage entsprach dem französischen Typ mit separat angeordneten Hallen und Betriebsgebäuden und war so aufgebaut, dass das Vieh über den Gleisanschluss im Bereich der Liebigstraße zunächst in die Großviehmarkthallen aufgenommen wurde, von denen heute nur noch die Kälbermarkthalle erhalten ist. Von dort wurde es über einen großen Innenhof in die einzelnen Schlachthallen geführt, die ab 1904 nach Tierarten getrennt wurden. Lediglich die Pferdeschlachthalle hatte einen separaten Standort außerhalb des Innenhofes und einen Zugang zur Feldstraße. Im nordöstlichen Bereich des Hofes befanden sich die Kuttlerei und das Düngerhaus und an der südöstlichen Schmalseite zwischen dem Verwaltungs- und Direktionsgebäude einerseits und dem Kantinengebäude andererseits der offizielle Haupteingang mit einem Portierhaus in Insellage.
Die Kühlhäuser und die Technikhalle mit dem Wasserturm schlossen sich außerhalb der inneren Hofanlage im Nordosten und den zwischen den Weltkriegen errichteten Erweiterungsbauten auf einer freien Fläche im Südosten im Bereich der Feldstraße an. Damit wurde dem Käufer der geschlachteten Ware der Zugang zum inneren Schlachtbereich erspart und er konnte von der Stadtseite aus in den entsprechenden Großmarkt- und Fleischabholhallen seine Einkäufe sichten und tätigen. Zugleich wurde bei den Ergänzungsbauten von 1930 mit der Fleischabholhalle und dem Uhrenturm in verkleinerter Form eine repräsentative Bauform angewandt, die sonst den Rathäusern oder Bahnhöfen vorbehalten war.
=== Verwaltungs- und Direktionsgebäude ===
[[Datei:Alter Schlachthof Aachen - Direktionsgebäude.JPG|mini|Verwaltungs- und Direktionsgebäude]]
'''Metzgerstraße 61 (früher 20)''': Das Verwaltungs- und Direktionsgebäude sowie ehemaliger Sitz der „Landwirtschaftlichen Viehverwertungs-Genossenschaft eGmbH" und des „Veterinäramtes der Stadt Aachen" ist ein zweigeschossiger [[Backstein]]bau über drei zu sechs Achsen mit abgerundeter einachsiger Hausecke und aufgesetztem [[Mansarddach]]. Die beiden Mittelachsen mit dem Seiteneingang in der Längsseite sind durch einen abgeschnittenen [[Dreiecksgiebel]] und die Eckachse durch einen Rundgiebel betont, auf dem sich in früheren Jahren doppeltgeschwungene Spitzen befanden. Der Haupteingang befindet sich Hofseitig in der Mittelachse der Schmalseite des Gebäudes.
Die Geschossebenen sind durch ein durchgehendes [[Gesims]] ebenso betont wie die [[Sohlbank|Sohlbänke]] der Fenster mit einer durchgehenden [[Kunststein]]verbindung. Im unteren Geschoss wurden hölzerne Rundbogenfenster eingebaut, wogegen im oberen Geschoss Rechteckfenster in Rundbogennischen verwendet wurden, die mit einer Rahmung aus Kalksandstein versehen sind. Die Fassaden sind mit [[Werkstein|Hausteinelementen]] und mit kunstvoll geschmiedeten Mauerankern im Stile der Neorenaissance versehen. Seit 2009 haben Bürogemeinschaften aus der Kommunikationsbrache das Gebäude übernommen.
In Verlängerung der Längsseite befanden sich einst, getrennt durch den Hautpeingang zum Schlachthof mit dem Portierhaus, das Kantinen- und Wirtschaftsgebäude, das in Stil und Form spiegelverkehrt dem Direktionsgebäude entsprach. Hier sind nur noch Reste des historischen Mauerwerks erhalten und das Gebäude selbst durch in kleineres Imbisslokal ersetzt worden.
=== Kälbermarkthalle ===
[[Datei:AC-Liebigstrasse.jpg|mini|Kälbermarkthalle; Ansicht Liebigstraße]]
'''Liebigstraße (ohne Nr.)''': Die Kälbermarkthalle schließt sich hinter dem Direktionsgebäude mit direktem Zugang zum Bahngleis an. Sie wurde ursprünglich als Großviehmarktstall erbaut, in dem das angelieferte Vieh vor Verteilung es auf die einzelnen Schlachthallen gemustert und gewogen wurde. Hierbei handelt es sich um ein nach außen zweigeschossiges Backsteingebäude mit flachem [[Satteldach]], wobei das Obergeschoss im Inneren die Heuböden trägt. In den Stirnseiten sind im Untergeschoss die doppelflügeligen Türen sowie an den Seitenwänden Doppel[[segmentbogen]]fenster und im Obergeschoss schmale Öffnungen zur Belüftung der Heuböden eingelassen. Markant sind die segmentförmig gebogenen Giebelaufbauten an den beiden Stirnseiten, die in der [[Traufe]] von einem wuchtigen Konsolengesims betont werden und dessen nordwestlicher Aufbau von einer muschelförmigen [[Ornament]]ik bekrönt ist.
Der mit dreireihigen gusseisernen Stützen getragene Innenbereich der Halle wurde zu einem Eventraum umgestaltet und ist heue Teil der Großraumdiskothek „Starfish".
=== Kälber-, Rinder- und Schweineschlachthallen ===
[[Datei:Schlachthof Aachen - Kälberschlachthalle.jpg|mini|Kälberschlachhalle]]
'''Metzgerstraße 60–66''': Von den drei ursprünglich im gleichen Stil erbauten Schlachthallen auf der südöstlichen Seite des Verteilerplatzes ist lediglich die westliche Kälberschlachthalle noch fast vollständig erhalten, die benachbarten Rinder- und Schweineschlachthallen dagegen nur in Teilen, die jedoch bei den Sanierungsarbeiten mit integriert wurden. Es handelt sich hierbei um achtachsige und auf einem Sandsteinsockel hochgezogene Backsteinbauten mit flachem Satteldach. In den einzelnen Achsen sind mit [[Blendbogen|Blendbögen]] zusammengefasste Fensterpaare eingelassen und die Schlusssteine der hofseitigen Giebelfassaden sind mit Tierköpfen versehen. In früheren Jahren waren die Mittelachsen beider Giebelseiten mit jeweils einem wuchtigen Giebelaufbau geschmückt, in dem ein Inschriftenstein mit den Angaben zur Hallenfunktion eingelassen war.
Im Zuge des rückseitigen Anbaus der Verkehrs- und Verbindugnshalle im Jahr 1904, die alle drei Hallen miteinander verbindet, sind die rückseitigen Fassen aufgelöst worden. Durch ihre Gesamtoptik wurde der Komplex fortan als „Dreifingerhalle" bezeichnet.
[[Datei:Comiciade 2018 - 6.jpg|mini|Blick in den Innenraum der Kälberschlachthalle während der Comiciade 2018]]
Der Innenraum der Hallen ist durch zwei Reihen gusseiserner Stützen dreischiffig gegliedert, wobei das leicht erhöhte Mittelschiff für die Belüftung und Belichtung über eine Glasdecke verfügt. Die Dachkonstruktion besteht aus Vollwandträgern über den Seitenschiffen und parallelen Gitterträgern mit Strebenfachwerk über dem Mittelschiff. Die Seitenwände sind mit gelben Ziegelsteinen bekleidet, die mit Mustern aus roten Ziegeln geschmückt sind.
Während die östliche ehemalige Schweineschlachthalle als Autowerkstatt für noble Rennwagen und die mittlere Halle als Bürotrakt umfunktioniert worden sind, dient die ehemalige Kälberschlachthalle mittlerweile als Eventraum für Ausstellungen und Messen wie beispielsweise den Aachener Mädelsflohmarkt oder die [[Comiciade]].
=== Pferdeschlachthalle ===
[[Datei: Schlachthof Aachen - Pferdeschlachthalle.jpg|mini|Pferdeschlachthaus]]
'''Feldstraße 5''': Die Pferdeschlachthalle ist als kleinste der Schlachthallen ein sechs zu zweiachsiger rechteckiger Backsteinblock mit [[zinne]]nartig betontem Vordergiebel und fast flachem Satteldach und war das erstes Gebäude, das außerhalb des Verteilerplatzes entlang der Feldstraße errichtet wurde. Das Gebäude ist in zwei Teilbereiche gegliedert, wobei der vordere Bereich mit den großen Rundbogenfenstern als der eigentlichen Schlachttrakt fungierte und der hintere Bereich mit den kleineren Fenstersegmenten als Stall für bis zu zwölf Pferde mit einem darüber liegenden Heuboden diente.
Heutzutage haben sich im Gebäude Handwerkerbetriebe einquartiert.
=== Kuttlerei mit Düngerhaus ===
[[Datei:Alter Schlachthof Aachen - Kuttlerei.JPG|mini|Kuttlerei]]
'''Metzgerstraße 69''': Etwas am Rande des Verteilerplatzes stehen senkrecht zueinander die Kuttlerei und das Düngerhaus, zwei kleinere eingeschossige und auf einem Bruchsteinsockel errichtete Backsteinbauten, die mit einem ursprünglich offenen [[Laubengang]] miteinander verbunden sind. Die Kuttlerei ist mit ihrer dreiachsigen Schmalseite zum Innenhof ausgerichtet, deren überhöhte Mittelachse mit einem heute zugemauerten [[Lünette (Bildende Kunst)|Lünettefenster]] ausgestattet ist, hinter dem sich auf dem First des flachen Satteldaches der Lüftungsaufsatz anschließt. Mit Ausnahme der Anschlussstelle zum Düngerhaus sind in den Fassaden segmentbogenartige Fenster- und Türöffnungen eingelassen.
Das rechteckige Düngerhaus mit seinem flachen und stark [[Auskragung|auskragenden]] auf [[Pfette]]n erbauten Satteldach verläuft mit seiner Längsseite parallel zur Straße und ist traufseitig mit vier kleineren Zwillingsfenstern in segmentbogigen Wandfeldern ausgestattet.
Im Düngerhaus wurden zunächst die Eingeweide des Schlachtviehs entleert und ihre Inhalte in verschließbaren Fahrzeugen abtransportiert. Die gesäuberten Eingeweide kamen anschließend in die Kuttlerei, wo sie zusammen mit Kalbsköpfen und anderen Organen in großen Bottichen gebrüht wurden.
Nach der Sanierung übernahm eine große Schreinerei die beiden Gebäude.
=== Wasserturm ===
[[Datei:Alter Schlachthof Aachen - Wasserturm.JPG|mini|hochkant|Wasserturm]]
'''Am Kraftversorgungsturm 3''': Der Wasserturm war einst Bestandteil des Technikhauses und ist ein viergeschossiges rechteckiges auf massivem Bruchsteinsockel errichtetes Backsteingebäude mit zwei Achsen an den Schmalseiten und drei an den Längsseiten. Sein auskragendes Zeltdach wird mittels Pfettenköpfen und schrägen Stützpfeilern betont. Die Geschosse sind mit Werksteingesimsen gegliedert und beinhalteten im Untergeschoss den Technikraum für die Stromerzeugung, im ersten Obergeschoss die Behälter für die Ammoniakabkühlung, darüber die Maschinistenwohnung und im vierten Geschoss zwei Wasserbehälter mit einem Fassungsvermögen von 200 m³ für kaltes und 25 m³ für warmes Wasser. Die unteren drei Geschosse in der Vorderfassade sind mit einem durchgehenden segmentbogenartigen Blendbogen zusammengefasst, über dem ein Rundbogenfries mit abgestuften Ziegelkonsolen verläuft.
Nach der Stilllegung ist lediglich der Turm und der Schornstein hinter dem Turm erhalten geblieben und restauriert worden, alle weiteren Anbauten wurden durch moderne Bürobauten ersetzt, in denen seit 2013 die [[P3 Ingenieurgesellschaft]] ihren Hauptsitz hat.
=== Verkehrshalle ===
[[Datei:Alter Schlachthof Aachen - Rinderschlachthalle (5).JPG|mini|Verkehrs- und Verbindungshalle, Südansicht]]
[[Datei:Schlachthof Aachen - Verbindungshalle (Nordseite).jpg|mini|Verkehrs- und Verbindungshalle, Nordansicht]]
'''Alter Schlachthof (ohne Nr.)''': Die Verkehrs- und Verbindungshalle gehörte zusammen mit dem zweiten Kühlhaus zu den ersten Erweiterungsbauten ab 1904. Dabei verband sie mit ihrer inneren Längsseite die drei Schlachthallen an deren Stirnseiten und mit ihrer äußeren Längsseite das neue Kühlhaus, das nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr aufgebaut worden war. Die lang gestreckte und nach außen zweigeschossig wirkende Halle hat eine Fläche von 70 x 15 Metern und ist 12 Meter hoch und diente als geschützte Verladerampe für das Fleisch zwischen den Betriebsräumen und die durch die Halle fahrenden Transporter. Das Hallendach besteht aus Wellblech, das über 14 Sichelträger gespannt ist und im Verlauf dessen als Dachfirst eine [[Laterne (Architektur)|laternenartige]] Erhöhung mit Lüftungsschlitzen aufgesetzt ist.
Markant sind die beiden ehemals identischen Schmalseiten mit ihren großen Rundbogenöffnungen, die von einem großen Mauerwerksbogen eingefasst sind, der dem Verlauf der [[Dachbinder]] folgt und sich zum Boden hin dreiecksartig verbreitert. In dem unteren Verlauf der Mauerbögen sind in gleichmäßigem Abstand fünf Keilsteine aus [[Naturstein]] eingelassen. Betont werden sowohl die Mauerbögen durch die beiden Ecktürmchen mit ihren rundbogigen Aufsätzen und der rundbogige Mittelgiebel mit seinen senkrechten Putzstreifen.
In der Nordfassade ist die Rundbogenöffnung durch zwei Natursteinpfeiler mit Dreiecksaufsätzen unterteilt, die den oberen rundbogigen Teil des Giebels aus einer Stahl- und Glaskonstruktion stützen. Die südliche Fassade wurde dagegen im Rahmen der Sanierungsarbeiten modern gestaltet und im unteren Bereich mit vier Eingangstüren und darüber mit einem dreigeteilten Rundbogenfenster ausgestattet. Seit einigen Jahren hat sich dort ein Eventveranstalter niedergelassen.
=== Fleischabholhalle mit Uhrenturm ===
[[Datei:Alter Schlachthof Aachen - Uhrenturm und Fleischabholhalle.JPG|mini|Fleischabholhalle mit Uhrenturm]]
'''Metzgerstraße 10''': Von den ergänzenden Bauten aus den Jahren 1927 bis 1930 bestehen lediglich noch die ehemalige Fleischabholhalle, auch als Bogenhalle bezeichnet, und der Uhrenturm, wobei die nicht mehr vorhandene Großmarkthalle im Bau identisch mit der Fleischabholhalle war. Ebenso wie die erwähnte Verkehrshalle diente auch die Fleischabholhalle zur Verladung der Ware auf die Fahrzeuge. Die Halle mit den Maßen 65 x 18 Metern bei einer Höhe von 11 Metern besteht aus Backsteinaußenwänden, auf denen das Zementschalendach auf Stahlbetonbogenbindern ruht. Markant sind in den Kopfseiten die großen Portalrahmen aus Kunststein, die auf halber Höhe durch horizontale [[Sturz (Architektur)|Sturzbalken]] geteilt sind, über denen vertikale, schlankhochrechteckige Fensteröffnungen in der Fassade eingelassen sind. Ebenso auffällig sind die wulstigen Gesims- und Kopfbänder, die bei der zur Feldstraße zeigenden Fassade auf den dort angebauten Uhrenturm übergehen.
Der als letztes Bauwerk 1930 entstandene viereinhalb geschossige rechteckige Uhrenturm in Backsteinbauweise wird an seinen Fassaden geprägt durch ein durchlaufendes Fensterband im Treppenhausbereich, schlitzartige Horizontalfenster in den Geschossen und drei große Uhren im überhöht ausgebildeten Turmeckbereich. Die Fenster- und die große Doppeltür im Erdgeschoss sind mit Kunststeinrahmungen eingefasst und der Eingangsbereich zusätzlich mit einer horizontalen Verdachung versehen.
Die Aufteilung im inneren des Turmes und das überdimensionierte Treppenhaus lassen darauf schließen, dass weitere Anbauten wie beispielsweise ein dreigeschossiger Bürotrakt, vorgesehen waren. Der Außenbereich der Fleischabholhalle und des Uhrenturmes ist hofartig zur Metzger- und Feldstraße hin mit einer Backsteinmauer eingefasst, die mit aufgesetzten Zinnen geschmückt und mit Kunststeinplatten bedeckt ist.
Bogenhalle und Uhrenturm waren Bestandteil eines Denkmalpflegeprojekts der [[RWTH Aachen]],<ref>[http://denkmal.arch.rwth-aachen.de/ausstellung/zeitsprung/ Marc Wietheger: ''Zeitsprung – Uhrenturm und Bogenhalle am Alten Schlachthof Aachen''], Denkmalpflegeprojekt der RWTH Aachen</ref> die nach entsprechender Entscheidung und Umsetzung der Restaurierungs- und Sanierungsmaßnahmen im Jahr 2016 mit ihrem Lehrstuhl für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsmanagement des [[Werkzeugmaschinenlabor]]s dort einzog.<ref>[https://www.wzl.rwth-aachen.de/cms/www_content/de/7773dbb184c26ebec1257ff6002cf27c.htm ''Neuer Standort in der Bogenhalle offizielle eröffnet''], Pressemitteilung der RWTH Aachen vom 23. September 2016</ref>
== Weblinks ==
* [http://www.rheinische-industriekultur.com/seiten/objekte/orte/aachen/objekte/schlachterei.html Walter Buschmann: ''Aachen Schlachthof''], auf ''rheinische-industriekultur.de''
* [https://industriemuseen-emr.de/de_DE/schlachthof-in-aachen Gabriele Harzheim: ''Der alte Schlachthof in Aachen''], auf den Seiten der Industriemuseen Euregio Maas-Rhein
* [http://www.klenkes.de/magazin/stadtgespraech/88393.der-alte-schlachthof-puzzleteile.html Katja Laska und Belinda Petri: ''Der alte Schlachthof: Puzzleteile''], in [[Klenkes]] – Stadtmagazin Aachen vom 28. Juni 2018
* [http://denkmal.arch.rwth-aachen.de/ausstellung/zeitsprung/ Marc Wietheger: ''Zeitsprung – Uhrenturm und Bogenhalle am Alten Schlachthof Aachen''], Denkmalpflegeprojekt der RWTH Aachen
== Einzelnachweise ==
<references />
[[Kategorie:Schlachthof]]
[[Kategorie:Industriedenkmal]]
[[Kategorie:Baudenkmal in Aachen]]
[[Kategorie:Erbaut in den 1890er Jahren]]
[[Kategorie:Aufgelöst 2002]]
[[Kategorie:Backsteinbauwerk des Historismus]]
[[Kategorie:Umgenutztes Bauwerk in Aachen]]
Der '''Alte Schlachthof Aachen''' war ein großflächiger städtischer Gebäudekomplex zur [[Schlachtung]] von Vieh für die Fleischgewinnung. Er wurde zwischen 1890 und 1894 auf einem großräumigen Areal im [[Nordviertel (Aachen)|Nordviertel Aachens]] im Bereich der heutigen Metzger- und Liebigstraße im Stil der [[Neorenaissance]] in unmittelbarer Nachbarschaft zur [[Waggonfabrik Talbot]] erbaut und in den Jahren 1904 bis 1906 sowie 1927 bis 1930 erweitert und ergänzt. Im Jahr 2002 wurde der Schlachtbetrieb eingestellt und anschließend die erhaltenswürdigen Gebäude schrittweise umfangreich restauriert und saniert sowie zu Gewerbe-, Büro- und Veranstaltungsräumen umfunktioniert und unter [[Denkmalschutz]] gestellt.
== Geschichte ==
Im ausgehenden [[Spätmittelalter]] lag die Schlachtung in [[Aachen]] in der Verantwortung der einzelnen Metzger, die sich gemäß dem [[Aachener Gaffelbrief#Erster Gaffelbrief 1450|Ersten Aachener Gaffelbrief]] ab 1450 in einer eigenen Zunft zusammengeschlossen hatten. Im 16. Jahrhundert wurde, die Schlachtung zentralisiert und 1585 in der Kockerellstraße auf Höhe Haus Nr. 17 das erste offizielle Schlachthaus eingerichtet sowie an der Ecke zur Jakobstraße, dort wo 1829 das Haus „Eijene Keiser Karl" erbaut werden sollte, die zentrale Fleischhalle. Trotz der Nähe zum zentralen Marktplatz fand der Viehhandel jedoch am damaligen Schweinemarkt statt, der sich am Rande der [[Stadtmauer Aachen#Innere Stadtmauer|inneren Stadtmauer]] auf dem Gelände des 1780 von [[Johann Gerhard Schervier]] erbauten Kupferhofs an der Ecke Templergraben/Eilfschornsteinstraße befand. Mit Beginn der preußischen Verwaltung in Aachen ab 1815 beschloss der Stadtrat, eine neue Fleischerhalle zwischen Hühnermarkt und Büchel zu errichten, die 1820 eröffnet wurde. Aufgrund des erhöhten Schlachtbedarfs wurde ferner zwischen 1839 und 1841 eine neue Schlachthalle, die sich bereits an die klassische Ordnung der Schlachthofarchitektur orientierte, nach Plänen von [[Friedrich Joseph Ark]], am Lindenplatz erbaut.
Massive Hygieneprobleme und zahlreiche [[Cholera]]fälle in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts führten jedoch dazu, dass mit der Planung einer Auslagerung des Schlachthofes außerhalb der alten Stadtmauern begonnen wurde. Dazu boten sich noch freie Flächen in dem aufstrebenden Industriegebiet zwischen Jülicher Straße und Grüner Weg im Aachener Nordviertel an, da es zusätzlich durch die [[Aachener Industriebahn]] und mit dem [[Bahnhof Aachen Nord]] über eine zeitgemäße Infrastruktur verfügte. Zunächst wurde 1877 der amtierende Aachener Stadtbaumeister [[Josef Stübben]] mit einer ersten Planung beauftragt, der sich nach Rücksprache mit dem damaligen Spezialisten für Schlachthofbau, Georg Osthoff, für ein Modell entschied, dass dem neuen Schlachthof in Hannover nachempfunden war. Unter Stübben, der 1881 Aachen verließ, wurden die Pläne ebenso wenig umgesetzt wie unter seinem Nachfolger [[Johannes Richter (Architekt)|Johannes Richter]]. Erst [[Joseph Laurent]], der 1886 Richter folgte, und Karl Heuser konkretisierten die Entwürfe Richters und der Bau der neuen Schlachthofanlage konnte zwischen 1890 und 1894 in dem dafür vorgesehenen Gewerbegebiet umgesetzt werden. Der Ursprungskomplex bestand aus dem Direktions- und Verwaltungsgebäude, dem Portierhaus, dem Großviehmarktstall, zwei Groß- und Kleinviehschlachthallen, eine Schweine- und eine Pferdeschlachthalle, sowie aus der [[Flecksieder|Kuttlerei]] mit Düngerhaus, einem Kühlhaus und einer Technikhalle mit Wasserturm für die eigene Energieversorgung. Von der Technikhalle aus wurde der Schlachthof mit elektrischem Licht versorgt, das unter anderem durch zwei Dynamomaschinen erzeugt wurde, die ihrerseits von zwei Dampfmaschinen angetrieben wurden. Zwei kombinierte Cornwall-Röhrendampfkessel der [[Piedbœuf (Unternehmerfamilie)#Piedbœuf in Aachen|Firma Piedboeuf]] lieferten den notwendigen Dampf sowie das heiße Wasser für die Schlachthäuser.
Darüber hinaus wurde zwischen 1899 und 1903 für die Mitarbeiter des Schlachthofes eine Werkssiedlung nach Plänen von Hermann Thelen außerhalb der Anlage erbaut. Anschließend erfolgte zwischen 1904 und 1906 eine Renovierung und Ausstattung der Schlachthallen, in denen fortan nach Tierarten separiert geschlachtet werden sollte, mit einer modernen Technik. Darüber hinaus erhielten die nunmehrigen Kälber-, Rinder- und Schweineschlachthallen an ihrer Ostseite einen Verbindungstrakt, die so genannte Verkehrshalle, an deren äußerer Längsseite zudem ein weiteres Kühlhaus errichtet wurde, das partiell an die Aachener Metzger vermietet wurde.
Nach dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] und weiter gestiegenen Anforderungen plante die Stadtverwaltung, die Gesamtanlage erneut zu erweitern und zu modernisieren. Die Pläne hierzu wurden 1926 auf der [[GeSoLei]] in Düsseldorf von [[Wilhelm Kreis]] vorgestellt und Teile davon zwischen 1927 und 1930 nach Plänen des Stadtbaurats Kirchbauer umgesetzt. Schwerpunkt hierbei waren der Bau einer neuen Fleischmarkthalle, einer Bogenhalle als Fleischabholhalle mit einem imposanten Uhrenturm und einer Markthalle für Großvieh, die 1938 um eine weitere Großmarkthalle ergänzt wurde, sowie der Bau eines Blocks für das Schauamt. Darüber hinaus eröffnete 1935 die [[Aachener Bank]] ihre erste Zweigstelle auf dem Gelände des Aachener Schlachthofes. Im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurde der Aachener Schlachthof durch Bombentreffer stark in Mitleidenschaft gezogen und musste anschließend wieder aufgebaut werden, wobei auf den Wiederaufbau der Fleischmarkthalle, des zweiten Kühlhauses und der Großmarkthalle verzichtet wurde.
Im Jahr 1967 wurde der Schlachthof durch städtischen Beschluss mit den Stimmen der [[CDU]] und [[Freie Demokratische Partei|FDP]] und gegen die Überzeugung der [[SPD]] privatisiert und die „Vieh- und Fleischversorgung Aachen e. V.", eine Genossenschaft mit 130 Mitgliedern, übernahm die Anlage. Nach offizieller Stilllegung der Bahnstrecke nach Jülich und Rothe Erde zu Beginn der 1980er-Jahre gab es zunehmend Transportprobleme und der Schlachtbetrieb wurde schrittweise auf andere Orte in der [[Städteregion Aachen]] verteilt und im Jahr 2002 endgültig eingestellt. Anschließend begannen die teils langjährigen Planungen und Umbauarbeiten der einzelnen Gebäude zu Gewerbe-, Büro- und Veranstaltungsräumen.
== Bauten ==
Die Aachener Schlachthofanlage entsprach dem französischen Typ mit separat angeordneten Hallen und Betriebsgebäuden und war so aufgebaut, dass das Vieh über den Gleisanschluss im Bereich der Liebigstraße zunächst in die Großviehmarkthallen aufgenommen wurde, von denen heute nur noch die Kälbermarkthalle erhalten ist. Von dort wurde es über einen großen Innenhof in die einzelnen Schlachthallen geführt, die ab 1904 nach Tierarten getrennt wurden. Lediglich die Pferdeschlachthalle hatte einen separaten Standort außerhalb des Innenhofes und einen Zugang zur Feldstraße. Im nordöstlichen Bereich des Hofes befanden sich die Kuttlerei und das Düngerhaus und an der südöstlichen Schmalseite zwischen dem Verwaltungs- und Direktionsgebäude einerseits und dem Kantinengebäude andererseits der offizielle Haupteingang mit einem Portierhaus in Insellage.
Die Kühlhäuser und die Technikhalle mit dem Wasserturm schlossen sich außerhalb der inneren Hofanlage im Nordosten und den zwischen den Weltkriegen errichteten Erweiterungsbauten auf einer freien Fläche im Südosten im Bereich der Feldstraße an. Damit wurde dem Käufer der geschlachteten Ware der Zugang zum inneren Schlachtbereich erspart und er konnte von der Stadtseite aus in den entsprechenden Großmarkt- und Fleischabholhallen seine Einkäufe sichten und tätigen. Zugleich wurde bei den Ergänzungsbauten von 1930 mit der Fleischabholhalle und dem Uhrenturm in verkleinerter Form eine repräsentative Bauform angewandt, die sonst den Rathäusern oder Bahnhöfen vorbehalten war.
=== Verwaltungs- und Direktionsgebäude ===
[[Datei:Alter Schlachthof Aachen - Direktionsgebäude.JPG|mini|Verwaltungs- und Direktionsgebäude]]
'''Metzgerstraße 61 (früher 20)''': Das Verwaltungs- und Direktionsgebäude sowie ehemaliger Sitz der „Landwirtschaftlichen Viehverwertungs-Genossenschaft eGmbH" und des „Veterinäramtes der Stadt Aachen" ist ein zweigeschossiger [[Backstein]]bau über drei zu sechs Achsen mit abgerundeter einachsiger Hausecke und aufgesetztem [[Mansarddach]]. Die beiden Mittelachsen mit dem Seiteneingang in der Längsseite sind durch einen abgeschnittenen [[Dreiecksgiebel]] und die Eckachse durch einen Rundgiebel betont, auf dem sich in früheren Jahren doppeltgeschwungene Spitzen befanden. Der Haupteingang befindet sich Hofseitig in der Mittelachse der Schmalseite des Gebäudes.
Die Geschossebenen sind durch ein durchgehendes [[Gesims]] ebenso betont wie die [[Sohlbank|Sohlbänke]] der Fenster mit einer durchgehenden [[Kunststein]]verbindung. Im unteren Geschoss wurden hölzerne Rundbogenfenster eingebaut, wogegen im oberen Geschoss Rechteckfenster in Rundbogennischen verwendet wurden, die mit einer Rahmung aus Kalksandstein versehen sind. Die Fassaden sind mit [[Werkstein|Hausteinelementen]] und mit kunstvoll geschmiedeten Mauerankern im Stile der Neorenaissance versehen. Seit 2009 haben Bürogemeinschaften aus der Kommunikationsbrache das Gebäude übernommen.
In Verlängerung der Längsseite befanden sich einst, getrennt durch den Hautpeingang zum Schlachthof mit dem Portierhaus, das Kantinen- und Wirtschaftsgebäude, das in Stil und Form spiegelverkehrt dem Direktionsgebäude entsprach. Hier sind nur noch Reste des historischen Mauerwerks erhalten und das Gebäude selbst durch in kleineres Imbisslokal ersetzt worden.
=== Kälbermarkthalle ===
[[Datei:AC-Liebigstrasse.jpg|mini|Kälbermarkthalle; Ansicht Liebigstraße]]
'''Liebigstraße (ohne Nr.)''': Die Kälbermarkthalle schließt sich hinter dem Direktionsgebäude mit direktem Zugang zum Bahngleis an. Sie wurde ursprünglich als Großviehmarktstall erbaut, in dem das angelieferte Vieh vor Verteilung es auf die einzelnen Schlachthallen gemustert und gewogen wurde. Hierbei handelt es sich um ein nach außen zweigeschossiges Backsteingebäude mit flachem [[Satteldach]], wobei das Obergeschoss im Inneren die Heuböden trägt. In den Stirnseiten sind im Untergeschoss die doppelflügeligen Türen sowie an den Seitenwänden Doppel[[segmentbogen]]fenster und im Obergeschoss schmale Öffnungen zur Belüftung der Heuböden eingelassen. Markant sind die segmentförmig gebogenen Giebelaufbauten an den beiden Stirnseiten, die in der [[Traufe]] von einem wuchtigen Konsolengesims betont werden und dessen nordwestlicher Aufbau von einer muschelförmigen [[Ornament]]ik bekrönt ist.
Der mit dreireihigen gusseisernen Stützen getragene Innenbereich der Halle wurde zu einem Eventraum umgestaltet und ist heue Teil der Großraumdiskothek „Starfish".
=== Kälber-, Rinder- und Schweineschlachthallen ===
[[Datei:Schlachthof Aachen - Kälberschlachthalle.jpg|mini|Kälberschlachhalle]]
'''Metzgerstraße 60–66''': Von den drei ursprünglich im gleichen Stil erbauten Schlachthallen auf der südöstlichen Seite des Verteilerplatzes ist lediglich die westliche Kälberschlachthalle noch fast vollständig erhalten, die benachbarten Rinder- und Schweineschlachthallen dagegen nur in Teilen, die jedoch bei den Sanierungsarbeiten mit integriert wurden. Es handelt sich hierbei um achtachsige und auf einem Sandsteinsockel hochgezogene Backsteinbauten mit flachem Satteldach. In den einzelnen Achsen sind mit [[Blendbogen|Blendbögen]] zusammengefasste Fensterpaare eingelassen und die Schlusssteine der hofseitigen Giebelfassaden sind mit Tierköpfen versehen. In früheren Jahren waren die Mittelachsen beider Giebelseiten mit jeweils einem wuchtigen Giebelaufbau geschmückt, in dem ein Inschriftenstein mit den Angaben zur Hallenfunktion eingelassen war.
Im Zuge des rückseitigen Anbaus der Verkehrs- und Verbindugnshalle im Jahr 1904, die alle drei Hallen miteinander verbindet, sind die rückseitigen Fassen aufgelöst worden. Durch ihre Gesamtoptik wurde der Komplex fortan als „Dreifingerhalle" bezeichnet.
[[Datei:Comiciade 2018 - 6.jpg|mini|Blick in den Innenraum der Kälberschlachthalle während der Comiciade 2018]]
Der Innenraum der Hallen ist durch zwei Reihen gusseiserner Stützen dreischiffig gegliedert, wobei das leicht erhöhte Mittelschiff für die Belüftung und Belichtung über eine Glasdecke verfügt. Die Dachkonstruktion besteht aus Vollwandträgern über den Seitenschiffen und parallelen Gitterträgern mit Strebenfachwerk über dem Mittelschiff. Die Seitenwände sind mit gelben Ziegelsteinen bekleidet, die mit Mustern aus roten Ziegeln geschmückt sind.
Während die östliche ehemalige Schweineschlachthalle als Autowerkstatt für noble Rennwagen und die mittlere Halle als Bürotrakt umfunktioniert worden sind, dient die ehemalige Kälberschlachthalle mittlerweile als Eventraum für Ausstellungen und Messen wie beispielsweise den Aachener Mädelsflohmarkt oder die [[Comiciade]].
=== Pferdeschlachthalle ===
[[Datei: Schlachthof Aachen - Pferdeschlachthalle.jpg|mini|Pferdeschlachthaus]]
'''Feldstraße 5''': Die Pferdeschlachthalle ist als kleinste der Schlachthallen ein sechs zu zweiachsiger rechteckiger Backsteinblock mit [[zinne]]nartig betontem Vordergiebel und fast flachem Satteldach und war das erstes Gebäude, das außerhalb des Verteilerplatzes entlang der Feldstraße errichtet wurde. Das Gebäude ist in zwei Teilbereiche gegliedert, wobei der vordere Bereich mit den großen Rundbogenfenstern als der eigentlichen Schlachttrakt fungierte und der hintere Bereich mit den kleineren Fenstersegmenten als Stall für bis zu zwölf Pferde mit einem darüber liegenden Heuboden diente.
Heutzutage haben sich im Gebäude Handwerkerbetriebe einquartiert.
=== Kuttlerei mit Düngerhaus ===
[[Datei:Alter Schlachthof Aachen - Kuttlerei.JPG|mini|Kuttlerei]]
'''Metzgerstraße 69''': Etwas am Rande des Verteilerplatzes stehen senkrecht zueinander die Kuttlerei und das Düngerhaus, zwei kleinere eingeschossige und auf einem Bruchsteinsockel errichtete Backsteinbauten, die mit einem ursprünglich offenen [[Laubengang]] miteinander verbunden sind. Die Kuttlerei ist mit ihrer dreiachsigen Schmalseite zum Innenhof ausgerichtet, deren überhöhte Mittelachse mit einem heute zugemauerten [[Lünette (Bildende Kunst)|Lünettefenster]] ausgestattet ist, hinter dem sich auf dem First des flachen Satteldaches der Lüftungsaufsatz anschließt. Mit Ausnahme der Anschlussstelle zum Düngerhaus sind in den Fassaden segmentbogenartige Fenster- und Türöffnungen eingelassen.
Das rechteckige Düngerhaus mit seinem flachen und stark [[Auskragung|auskragenden]] auf [[Pfette]]n erbauten Satteldach verläuft mit seiner Längsseite parallel zur Straße und ist traufseitig mit vier kleineren Zwillingsfenstern in segmentbogigen Wandfeldern ausgestattet.
Im Düngerhaus wurden zunächst die Eingeweide des Schlachtviehs entleert und ihre Inhalte in verschließbaren Fahrzeugen abtransportiert. Die gesäuberten Eingeweide kamen anschließend in die Kuttlerei, wo sie zusammen mit Kalbsköpfen und anderen Organen in großen Bottichen gebrüht wurden.
Nach der Sanierung übernahm eine große Schreinerei die beiden Gebäude.
=== Wasserturm ===
[[Datei:Alter Schlachthof Aachen - Wasserturm.JPG|mini|hochkant|Wasserturm]]
'''Am Kraftversorgungsturm 3''': Der Wasserturm war einst Bestandteil des Technikhauses und ist ein viergeschossiges rechteckiges auf massivem Bruchsteinsockel errichtetes Backsteingebäude mit zwei Achsen an den Schmalseiten und drei an den Längsseiten. Sein auskragendes Zeltdach wird mittels Pfettenköpfen und schrägen Stützpfeilern betont. Die Geschosse sind mit Werksteingesimsen gegliedert und beinhalteten im Untergeschoss den Technikraum für die Stromerzeugung, im ersten Obergeschoss die Behälter für die Ammoniakabkühlung, darüber die Maschinistenwohnung und im vierten Geschoss zwei Wasserbehälter mit einem Fassungsvermögen von 200 m³ für kaltes und 25 m³ für warmes Wasser. Die unteren drei Geschosse in der Vorderfassade sind mit einem durchgehenden segmentbogenartigen Blendbogen zusammengefasst, über dem ein Rundbogenfries mit abgestuften Ziegelkonsolen verläuft.
Nach der Stilllegung ist lediglich der Turm und der Schornstein hinter dem Turm erhalten geblieben und restauriert worden, alle weiteren Anbauten wurden durch moderne Bürobauten ersetzt, in denen seit 2013 die [[P3 Ingenieurgesellschaft]] ihren Hauptsitz hat.
=== Verkehrshalle ===
[[Datei:Alter Schlachthof Aachen - Rinderschlachthalle (5).JPG|mini|Verkehrs- und Verbindungshalle, Südansicht]]
[[Datei:Schlachthof Aachen - Verbindungshalle (Nordseite).jpg|mini|Verkehrs- und Verbindungshalle, Nordansicht]]
'''Alter Schlachthof (ohne Nr.)''': Die Verkehrs- und Verbindungshalle gehörte zusammen mit dem zweiten Kühlhaus zu den ersten Erweiterungsbauten ab 1904. Dabei verband sie mit ihrer inneren Längsseite die drei Schlachthallen an deren Stirnseiten und mit ihrer äußeren Längsseite das neue Kühlhaus, das nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr aufgebaut worden war. Die lang gestreckte und nach außen zweigeschossig wirkende Halle hat eine Fläche von 70 x 15 Metern und ist 12 Meter hoch und diente als geschützte Verladerampe für das Fleisch zwischen den Betriebsräumen und die durch die Halle fahrenden Transporter. Das Hallendach besteht aus Wellblech, das über 14 Sichelträger gespannt ist und im Verlauf dessen als Dachfirst eine [[Laterne (Architektur)|laternenartige]] Erhöhung mit Lüftungsschlitzen aufgesetzt ist.
Markant sind die beiden ehemals identischen Schmalseiten mit ihren großen Rundbogenöffnungen, die von einem großen Mauerwerksbogen eingefasst sind, der dem Verlauf der [[Dachbinder]] folgt und sich zum Boden hin dreiecksartig verbreitert. In dem unteren Verlauf der Mauerbögen sind in gleichmäßigem Abstand fünf Keilsteine aus [[Naturstein]] eingelassen. Betont werden sowohl die Mauerbögen durch die beiden Ecktürmchen mit ihren rundbogigen Aufsätzen und der rundbogige Mittelgiebel mit seinen senkrechten Putzstreifen.
In der Nordfassade ist die Rundbogenöffnung durch zwei Natursteinpfeiler mit Dreiecksaufsätzen unterteilt, die den oberen rundbogigen Teil des Giebels aus einer Stahl- und Glaskonstruktion stützen. Die südliche Fassade wurde dagegen im Rahmen der Sanierungsarbeiten modern gestaltet und im unteren Bereich mit vier Eingangstüren und darüber mit einem dreigeteilten Rundbogenfenster ausgestattet. Seit einigen Jahren hat sich dort ein Eventveranstalter niedergelassen.
=== Fleischabholhalle mit Uhrenturm ===
[[Datei:Alter Schlachthof Aachen - Uhrenturm und Fleischabholhalle.JPG|mini|Fleischabholhalle mit Uhrenturm]]
'''Metzgerstraße 10''': Von den ergänzenden Bauten aus den Jahren 1927 bis 1930 bestehen lediglich noch die ehemalige Fleischabholhalle, auch als Bogenhalle bezeichnet, und der Uhrenturm, wobei die nicht mehr vorhandene Großmarkthalle im Bau identisch mit der Fleischabholhalle war. Ebenso wie die erwähnte Verkehrshalle diente auch die Fleischabholhalle zur Verladung der Ware auf die Fahrzeuge. Die Halle mit den Maßen 65 x 18 Metern bei einer Höhe von 11 Metern besteht aus Backsteinaußenwänden, auf denen das Zementschalendach auf Stahlbetonbogenbindern ruht. Markant sind in den Kopfseiten die großen Portalrahmen aus Kunststein, die auf halber Höhe durch horizontale [[Sturz (Architektur)|Sturzbalken]] geteilt sind, über denen vertikale, schlankhochrechteckige Fensteröffnungen in der Fassade eingelassen sind. Ebenso auffällig sind die wulstigen Gesims- und Kopfbänder, die bei der zur Feldstraße zeigenden Fassade auf den dort angebauten Uhrenturm übergehen.
Der als letztes Bauwerk 1930 entstandene viereinhalb geschossige rechteckige Uhrenturm in Backsteinbauweise wird an seinen Fassaden geprägt durch ein durchlaufendes Fensterband im Treppenhausbereich, schlitzartige Horizontalfenster in den Geschossen und drei große Uhren im überhöht ausgebildeten Turmeckbereich. Die Fenster- und die große Doppeltür im Erdgeschoss sind mit Kunststeinrahmungen eingefasst und der Eingangsbereich zusätzlich mit einer horizontalen Verdachung versehen.
Die Aufteilung im inneren des Turmes und das überdimensionierte Treppenhaus lassen darauf schließen, dass weitere Anbauten wie beispielsweise ein dreigeschossiger Bürotrakt, vorgesehen waren. Der Außenbereich der Fleischabholhalle und des Uhrenturmes ist hofartig zur Metzger- und Feldstraße hin mit einer Backsteinmauer eingefasst, die mit aufgesetzten Zinnen geschmückt und mit Kunststeinplatten bedeckt ist.
Bogenhalle und Uhrenturm waren Bestandteil eines Denkmalpflegeprojekts der [[RWTH Aachen]],<ref>[http://denkmal.arch.rwth-aachen.de/ausstellung/zeitsprung/ Marc Wietheger: ''Zeitsprung – Uhrenturm und Bogenhalle am Alten Schlachthof Aachen''], Denkmalpflegeprojekt der RWTH Aachen</ref> die nach entsprechender Entscheidung und Umsetzung der Restaurierungs- und Sanierungsmaßnahmen im Jahr 2016 mit ihrem Lehrstuhl für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsmanagement des [[Werkzeugmaschinenlabor]]s dort einzog.<ref>[https://www.wzl.rwth-aachen.de/cms/www_content/de/7773dbb184c26ebec1257ff6002cf27c.htm ''Neuer Standort in der Bogenhalle offizielle eröffnet''], Pressemitteilung der RWTH Aachen vom 23. September 2016</ref>
== Weblinks ==
* [http://www.rheinische-industriekultur.com/seiten/objekte/orte/aachen/objekte/schlachterei.html Walter Buschmann: ''Aachen Schlachthof''], auf ''rheinische-industriekultur.de''
* [https://industriemuseen-emr.de/de_DE/schlachthof-in-aachen Gabriele Harzheim: ''Der alte Schlachthof in Aachen''], auf den Seiten der Industriemuseen Euregio Maas-Rhein
* [http://www.klenkes.de/magazin/stadtgespraech/88393.der-alte-schlachthof-puzzleteile.html Katja Laska und Belinda Petri: ''Der alte Schlachthof: Puzzleteile''], in [[Klenkes]] – Stadtmagazin Aachen vom 28. Juni 2018
* [http://denkmal.arch.rwth-aachen.de/ausstellung/zeitsprung/ Marc Wietheger: ''Zeitsprung – Uhrenturm und Bogenhalle am Alten Schlachthof Aachen''], Denkmalpflegeprojekt der RWTH Aachen
== Einzelnachweise ==
<references />
[[Kategorie:Schlachthof]]
[[Kategorie:Industriedenkmal]]
[[Kategorie:Baudenkmal in Aachen]]
[[Kategorie:Erbaut in den 1890er Jahren]]
[[Kategorie:Aufgelöst 2002]]
[[Kategorie:Backsteinbauwerk des Historismus]]
[[Kategorie:Umgenutztes Bauwerk in Aachen]]
https://de.wikipedia.org/wiki/Alter_Schlachthof_Aachen