新規更新February 03, 2018 at 07:50AM
【外部リンク】
Tinto (Schiff, 1852)
HГq: kl.
[[Datei:Chilenische Bark TINTO.jpg|mini|Chilenische Bark TINTO]]
Die '''Tinto''' war eine [[chile]]nische [[Bark (Schiffstyp)|Bark]], die während des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] 1916 in Chile von [[Internierung|internierten]] Angehörigen der [[Kaiserliche Marine|Kaiserlichen Marine]] und der [[Deutsches Kaiserreich|deutschen]] [[Handelsmarine]] als Fluchtschiff nach [[Norwegen]] benutzt wurde und dabei 1917 die [[Vereinigtes Königreich|britische]] [[Seeblockade]] in der nördlichen [[Nordsee]] durchbrach.
== Technische Daten ==
* Baujahr: 1852
* Schiffstyp: [[Bark (Schiffstyp)|Dreimastbark]]
* Bauwerft: J. Steel jr., [[Liverpool]]
* Größe: 477 [[Bruttoregistertonne|BRT]]
* Länge: 42,0 m
* Breite: 8,12 m
* Tiefgang: Unbekannt
* Antrieb: Segel
* Masten: 3
* Geschwindigkeit: 9 bis 10 [[Knoten (Einheit)|kn]]
* Besatzung: 28 Mann (als Fluchtschiff)
== Geschichte ==
Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs waren in Chile mehrere deutsche Handelsschiffe interniert worden, so auch der [[Dampfer]] ''[[Franken-Klasse|Göttingen]]'' und das [[Segelschulschiff]] ''[[Herzogin Cecilie]]''. Hinzu kam im März 1915 die Besatzung des [[Kleiner Kreuzer|Kleinen Kreuzers]] [[SMS Dresden (1907)|SMS Dresden]].
Nach der [[Skagerrakschlacht]] am 31. Mai/1. Juni 1916 beschlossen acht Besatzungsmitglieder der ''Dresden'' unter Führung des [[Leutnant zur See|Leutnants zur See]] [[Reserve (Militärwesen)|der Reserve]] C(K)arl Richarz, auf dem Seeweg aus der Internierung auszubrechen und nach Deutschland zurückzukehren. Durch Kontakte zu internierten Handelsschiffsbesatzungen schlossen sich Besatzungsmitglieder der ''Göttingen'' sowie [[Kadett]]en der ''Herzogin Cäcilie'' dem Unternehmen an. Die Flucht wurde verdeckt vorbereitet, um die chilenischen Behörden und in Chile agierende britische [[Agent (Nachrichtendienst)|Agent]]en abzulenken.
Durch Geldspenden von Chile-Deutschen wurde die bereits 1852 gebaute ''Tinto'', die seit 1902 in Chile in der Küstenschiffahrt eingesetzt wurde, erworben. Einzelheiten sind nicht bekannt. Trotz Intervention von britischer Seite bei den chilenischen Behörden konnte die ''Tinto'' am 28. November 1916 von der [[Chiloe]]-Insel aus die chilenischen Gewässer verlassen. Offiziell war die Bark für eine innerchilenische Küstenreise ausklariert. Die chilenische Besatzung stieg vorher auf den [[Schoner]] ''Chola'' um.
Zwar war der Schiffsrumpf der ''Tinto'' aus [[Teakholz]] konstruiert und sehr robust, [[Takelage]] und [[Segel]] jedoch „minderwertig", so dass das Schiff nach Carl Richarz mehr den Eindruck eines [[Liste seemännischer Fachwörter (N bis Z)|Seelenverkäufer]]s denn eines [[Windjammer]]s machte. Allerdings war die Bark seit ihrer Übernahme durch Chile 1902 auch nie mehr für die Hochseeschiffahrt vorgesehen gewesen. An Bord war eine Funktelegrafenanlage installiert worden, die es erlaubte, den Funkverkehr in einem Umkreis von rund 1000 [[Seemeile]]n abzuhören und somit [[Triple Entente|alliierten]] oder neutralen [[Kriegsschiff]]en aus dem Weg zu gehen. Als seemännischer Leiter (nicht [[Kapitän]]) des Schiffs fungierte Richarz, die Funktion des Ersten Offiziers übte Carl Reumer aus, [[Navigationsoffizier]] war [[Friedrich-Wilhelm Fleischer]]. Unklar ist, unter welcher [[Flagge]] das Schiff offiziell segelte; rein formal dürfte die ''Tinto'' weiterhin ein chilenisches Schiff geblieben sein.
Auf der Höhe der [[Falkland-Inseln]] hielt Richarz eine Gedenkfeier zur Erinnerung an die Gefallenen der [[Seegefecht bei den Falklandinseln|Falklandschlacht]] am 8. Dezember 1914 ab, an der die ''Dresden'' beteiligt gewesen war. Bis zum [[Äquator]] wurde die chilenische Flagge benutzt, danach offenbar die norwegische unter der [[Legende (Geheimdienst)|Legende]] ''Eva'', einer tatsächlich existierenden norwegischen Bark.
[[Datei:HMS Minotaur USNHC NH 60086.jpg|mini|HMS Minotaur USNHC NH 60086]]
Die Reise verlief trotz mehrerer schwerer Stürme, die der ''Tinto'' extrem zusetzten und in einem Fall beinahe zum [[Kentern]] brachten, letztlich unkompliziert, da sie offensichtlich die üblichen Dampfer[[tracks]] mied und mit einer [[Skandinavien|skandinavischen]] Flagge unter begegnenden Segelschiffen nicht auffiel. Die Bark wurde nur einmal kurz vor den norwegischen Gewässern von dem britischen [[Panzerkreuzer]] [[HMS Minotaur (1906)|HMS Minotaur]] und einem unbekannten [[Hilfskreuzer]] der [[Northern Patrol (Erster Weltkrieg)|Northern Patrol]] gestoppt und durch [[Optische Telegrafie|Winksignale]] nach Herkunft und Reiseziel befragt, jedoch nicht durchsucht. Unter erheblichen [[Navigation|navigatorischen]] Schwierigkeiten gelang am 31. März 1917 das Einlaufen in [[Drontheim]].
In 125 Tagen hatte die Bark über 12.000 Seemeilen zurückgelegt. Die ''Dresden''-Offiziere der Besatzung reisten unmittelbar nach der Ankunft in Norwegen nach [[Warnemünde]] und weiter zum [[Admiralstab (Kaiserliche Marine)|Admiralstab]] in [[Berlin]], um über die Fahrt zu berichten; der Rest der ''Tinto''-Besatzung folgte einige Tage später. Das Endschicksal der ''Tinto'' ist, wie auch ihre früheren Namen vor der Übernahme durch Chile 1902, unbekannt. Möglicherweise wurde sie aufgrund ihres maroden Zustands in Norwegen [[Kondemnation|kondemniert]].
== Literatur ==
* Carl Richarz: ''Die Wikingerfahrt der „Tinto" zwölftausend Meilen über den Ozean'', Berlin (Scherl) 1917.
* [[Friedrich-Wilhelm Fleischer|F. W. Fleischer]]: ''Sturmfahrt der „Tinto"'', Oldenburg i. O. (Gerhard Stalling) 1933.
* [[Erich Gröner]], Dieter Jung, Martin Maass: ''Die deutschen Kriegsschiffe 1815–1945'', Band 8/1: ''Flußfahrzeuge, Ujäger, Vorpostenboote, Hilfsminensucher, Küstenschutzverbände'' (Teil 1), Bonn 1993, Band 2, S. 541. ISBN 3-7637-4807-5
* Maria Teresa Parker de Bassi: ''Kreuzer DRESDEN. Odyssee ohne Wiederkehr'', Herford (Koehlers Verlagsgesellschaft mbH) 1993. ISBN 3-7822-0591X
* Jack Strauß: ''20.000 Meilen über das Meer. Die Biographie des Kleinen Kreuzer „Dresden" (I) der Kaiserlichen Deutschen Marine und das Schicksal seiner Kriegsbesatzung (1906 bis 1920)'', Berlin (Pro Business) 2017. ISBN 978-3-86460-779-0. ISBN 3-86460-779-5
[[Kategorie:Segelschiff]]
[[Kategorie:Bark]]
[[Kategorie:Deutsche Marinegeschichte]]
[[Kategorie:Schiff im Ersten Weltkrieg]]
[[Kategorie:Kaiserliche Marine]]
Die '''Tinto''' war eine [[chile]]nische [[Bark (Schiffstyp)|Bark]], die während des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] 1916 in Chile von [[Internierung|internierten]] Angehörigen der [[Kaiserliche Marine|Kaiserlichen Marine]] und der [[Deutsches Kaiserreich|deutschen]] [[Handelsmarine]] als Fluchtschiff nach [[Norwegen]] benutzt wurde und dabei 1917 die [[Vereinigtes Königreich|britische]] [[Seeblockade]] in der nördlichen [[Nordsee]] durchbrach.
== Technische Daten ==
* Baujahr: 1852
* Schiffstyp: [[Bark (Schiffstyp)|Dreimastbark]]
* Bauwerft: J. Steel jr., [[Liverpool]]
* Größe: 477 [[Bruttoregistertonne|BRT]]
* Länge: 42,0 m
* Breite: 8,12 m
* Tiefgang: Unbekannt
* Antrieb: Segel
* Masten: 3
* Geschwindigkeit: 9 bis 10 [[Knoten (Einheit)|kn]]
* Besatzung: 28 Mann (als Fluchtschiff)
== Geschichte ==
Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs waren in Chile mehrere deutsche Handelsschiffe interniert worden, so auch der [[Dampfer]] ''[[Franken-Klasse|Göttingen]]'' und das [[Segelschulschiff]] ''[[Herzogin Cecilie]]''. Hinzu kam im März 1915 die Besatzung des [[Kleiner Kreuzer|Kleinen Kreuzers]] [[SMS Dresden (1907)|SMS Dresden]].
Nach der [[Skagerrakschlacht]] am 31. Mai/1. Juni 1916 beschlossen acht Besatzungsmitglieder der ''Dresden'' unter Führung des [[Leutnant zur See|Leutnants zur See]] [[Reserve (Militärwesen)|der Reserve]] C(K)arl Richarz, auf dem Seeweg aus der Internierung auszubrechen und nach Deutschland zurückzukehren. Durch Kontakte zu internierten Handelsschiffsbesatzungen schlossen sich Besatzungsmitglieder der ''Göttingen'' sowie [[Kadett]]en der ''Herzogin Cäcilie'' dem Unternehmen an. Die Flucht wurde verdeckt vorbereitet, um die chilenischen Behörden und in Chile agierende britische [[Agent (Nachrichtendienst)|Agent]]en abzulenken.
Durch Geldspenden von Chile-Deutschen wurde die bereits 1852 gebaute ''Tinto'', die seit 1902 in Chile in der Küstenschiffahrt eingesetzt wurde, erworben. Einzelheiten sind nicht bekannt. Trotz Intervention von britischer Seite bei den chilenischen Behörden konnte die ''Tinto'' am 28. November 1916 von der [[Chiloe]]-Insel aus die chilenischen Gewässer verlassen. Offiziell war die Bark für eine innerchilenische Küstenreise ausklariert. Die chilenische Besatzung stieg vorher auf den [[Schoner]] ''Chola'' um.
Zwar war der Schiffsrumpf der ''Tinto'' aus [[Teakholz]] konstruiert und sehr robust, [[Takelage]] und [[Segel]] jedoch „minderwertig", so dass das Schiff nach Carl Richarz mehr den Eindruck eines [[Liste seemännischer Fachwörter (N bis Z)|Seelenverkäufer]]s denn eines [[Windjammer]]s machte. Allerdings war die Bark seit ihrer Übernahme durch Chile 1902 auch nie mehr für die Hochseeschiffahrt vorgesehen gewesen. An Bord war eine Funktelegrafenanlage installiert worden, die es erlaubte, den Funkverkehr in einem Umkreis von rund 1000 [[Seemeile]]n abzuhören und somit [[Triple Entente|alliierten]] oder neutralen [[Kriegsschiff]]en aus dem Weg zu gehen. Als seemännischer Leiter (nicht [[Kapitän]]) des Schiffs fungierte Richarz, die Funktion des Ersten Offiziers übte Carl Reumer aus, [[Navigationsoffizier]] war [[Friedrich-Wilhelm Fleischer]]. Unklar ist, unter welcher [[Flagge]] das Schiff offiziell segelte; rein formal dürfte die ''Tinto'' weiterhin ein chilenisches Schiff geblieben sein.
Auf der Höhe der [[Falkland-Inseln]] hielt Richarz eine Gedenkfeier zur Erinnerung an die Gefallenen der [[Seegefecht bei den Falklandinseln|Falklandschlacht]] am 8. Dezember 1914 ab, an der die ''Dresden'' beteiligt gewesen war. Bis zum [[Äquator]] wurde die chilenische Flagge benutzt, danach offenbar die norwegische unter der [[Legende (Geheimdienst)|Legende]] ''Eva'', einer tatsächlich existierenden norwegischen Bark.
[[Datei:HMS Minotaur USNHC NH 60086.jpg|mini|HMS Minotaur USNHC NH 60086]]
Die Reise verlief trotz mehrerer schwerer Stürme, die der ''Tinto'' extrem zusetzten und in einem Fall beinahe zum [[Kentern]] brachten, letztlich unkompliziert, da sie offensichtlich die üblichen Dampfer[[tracks]] mied und mit einer [[Skandinavien|skandinavischen]] Flagge unter begegnenden Segelschiffen nicht auffiel. Die Bark wurde nur einmal kurz vor den norwegischen Gewässern von dem britischen [[Panzerkreuzer]] [[HMS Minotaur (1906)|HMS Minotaur]] und einem unbekannten [[Hilfskreuzer]] der [[Northern Patrol (Erster Weltkrieg)|Northern Patrol]] gestoppt und durch [[Optische Telegrafie|Winksignale]] nach Herkunft und Reiseziel befragt, jedoch nicht durchsucht. Unter erheblichen [[Navigation|navigatorischen]] Schwierigkeiten gelang am 31. März 1917 das Einlaufen in [[Drontheim]].
In 125 Tagen hatte die Bark über 12.000 Seemeilen zurückgelegt. Die ''Dresden''-Offiziere der Besatzung reisten unmittelbar nach der Ankunft in Norwegen nach [[Warnemünde]] und weiter zum [[Admiralstab (Kaiserliche Marine)|Admiralstab]] in [[Berlin]], um über die Fahrt zu berichten; der Rest der ''Tinto''-Besatzung folgte einige Tage später. Das Endschicksal der ''Tinto'' ist, wie auch ihre früheren Namen vor der Übernahme durch Chile 1902, unbekannt. Möglicherweise wurde sie aufgrund ihres maroden Zustands in Norwegen [[Kondemnation|kondemniert]].
== Literatur ==
* Carl Richarz: ''Die Wikingerfahrt der „Tinto" zwölftausend Meilen über den Ozean'', Berlin (Scherl) 1917.
* [[Friedrich-Wilhelm Fleischer|F. W. Fleischer]]: ''Sturmfahrt der „Tinto"'', Oldenburg i. O. (Gerhard Stalling) 1933.
* [[Erich Gröner]], Dieter Jung, Martin Maass: ''Die deutschen Kriegsschiffe 1815–1945'', Band 8/1: ''Flußfahrzeuge, Ujäger, Vorpostenboote, Hilfsminensucher, Küstenschutzverbände'' (Teil 1), Bonn 1993, Band 2, S. 541. ISBN 3-7637-4807-5
* Maria Teresa Parker de Bassi: ''Kreuzer DRESDEN. Odyssee ohne Wiederkehr'', Herford (Koehlers Verlagsgesellschaft mbH) 1993. ISBN 3-7822-0591X
* Jack Strauß: ''20.000 Meilen über das Meer. Die Biographie des Kleinen Kreuzer „Dresden" (I) der Kaiserlichen Deutschen Marine und das Schicksal seiner Kriegsbesatzung (1906 bis 1920)'', Berlin (Pro Business) 2017. ISBN 978-3-86460-779-0. ISBN 3-86460-779-5
[[Kategorie:Segelschiff]]
[[Kategorie:Bark]]
[[Kategorie:Deutsche Marinegeschichte]]
[[Kategorie:Schiff im Ersten Weltkrieg]]
[[Kategorie:Kaiserliche Marine]]
http://ift.tt/2DXWNK5